22. Mai 2013

Fotojournalismus



Hinter dem Begriff Fotojournalismus verbirgt sich weitaus mehr, also die beiden Wörter „Foto“ und „Journalismus“.  Ein Fotojournalist muss genauer hinsehen, um das zu finden, was man beim ersten Anblick nicht sieht.  Eben das, was sich hinter den Kulissen abspielt und dann im richtigen Moment den Auslöser drücken. Beobachten, zuhören, die Story suchen - der Fotojournalismus ist eine Ausdrucksform und Mittel der Fotografie um Hintergründe in Politik, Kultur und andere gesellschaftliche Belange zu illustrieren und darzustellen. Fotos begleiten Texte in den Medien, Musik und in der Werbung. Bilder prägen unsere Meinung. Durch die Bilder liest man zwischen den Zeilen, deckt Verborgenes auf und erzählt so seine eigene Geschichte. Dies alles habe ich während meiner Zeit in der Bildredaktion einer Tageszeitung gelernt. Das Buch „Photojournalismus“ habe ich damals von einem Bildredakteur ausgeliehen bekommen. Und leider habe ich es (zu meiner Schande) nie zurück gegeben. Es behandelt unterschiedliche Themenkreise vom "entscheidenden Augenblick" über das "Charakterbild", den "Foto-Essay", "Betonung durch das Licht", "Farbe - ja oder nein" bis zur "Wirkung der Aufnahmerichtung". Man bekommt ein Gefühl dafür, dass vieles von der richtigen Technik, der richtigen Ausrüstung und des optimalen Lichteinfalls abhängt, für das "perfekte" Bild bedarf es aber meist mehr eine schnelle Reaktion oder bloßes Glück.
Das Buch hat schon seine Jahre auf dem Buckel, aber es fasziniert mich immer wieder, wenn ich es aufschlage.



 




Hier ein Auszug:

"Als dieses Buch in Druck ging, befand sich einer seiner Redakteure zufällig auf einem Spaziergang mit Alfred Eisenstaedt, einem der großen Fotojournalisten unserer Zeit (1972). Die Beiden gingen kilometerweit durch Wälder und an der Küste entlang. Eisenstaedt schleppte eine schwere Tasche mit zwei Kameras und zahlreichen Objektiven mit sich, der Redakteur hatte nichts zu tragen. Das Licht war, wie sich zeigte, an diesem Tag nicht interessant und Eisenstaedt machte keine einzige Aufnahme. Aber er war bereit wie immer. 40 Jahre lang hat er auf 100.000en von Kilometern immer eine Kamera bei sich gehabt und zahllose denkwürdige Bilder gemacht, darunter viele, von denen er, als er aufbrach, nicht wusste, dass er sie machen würde. Der Redakteur - der eigentlich nur dann eine Kamera mitnimmt, wenn er beschlossen hat "loszulegen und Bilder zu machen" - besitzt einen schmalen Vorrat beachtlicher Aufnahmen, daneben aber eine sehr große Sammlung verpasster Gelegenheiten. 
Viele Amateure haben das technische Geschick und die Fantasie des Profis und gewiss auch die Fotoausrüstung, die sie brauchen. Aber sie machen nicht so gute Bilder. Und warum? Weil sie eine andere Einstellung haben. (...) Es ist letzten Endes diese andersgeartete Einstellung, die den professionellen Fotografen ausmacht. Sie zwing ihn, von sich selbst abzusehen, wie ein Redakteur zu denken, sich zu fragen, ob das, was der Sucher ihm anbietet, wirklich ein "verwertbares" Bild ist, ob es ihm hilft, eine Story zu erzählen, eine Stimmung zu fixieren, einen Vorfall auf seinem Höhepunkt zu erfassen. Der Zwang, wie ein Profi denken zu müssen, lehrt ihn, das Maximale rauszuholen aus dem, was um ihn herum vorgeht. Aus Ereignissen und ihrer Wirkung auf Menschen eine Foto-Story machen - das eigentlich ist Fotojournalismus. Er hat seine Regeln, die zwar manchmal schwer in der Praxis umzusetzen, aber doch übersichtlich und leicht zu lernen sind.

1. Nehmen Sie immer eine Kamera mit
2. Gehen Sie dorthin, wo etwas los ist
3. Versuchen Sie mehrere einzelne Bilder zu einer Story zusammenzufassen
4. Beurteilen Sie die Ergebnisse kritisch und legen Sie die Maßstäbe von Redakteuren und Werbefachleuten an

Der Fotograf, der diese Regeln bei seiner Arbeit beachtet, ist praktisch, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht, als Fotojournalist tätig. Und das wird aus ihm mit ziemlicher Sicherheit einen besseren Fotografen machen."

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